Leistungssportler machen es vor – effektive Regeneration funktioniert nur mit dem richtigen mindset

Der typische Alltag eines Topmanagers ist oft gnadenlos getaktet. Von Meetings über Konflikte und Koordinationsfragen bis hin zu Geschäftsessen. Zuhause hat die Familie berechtigte Erwartungen. Erst im Bett um 23 Uhr kehrt Ruhe ein. Aber an Einschlafen ist gar nicht zu denken. Wenn der Wecker klingelt, ist Aufstehen fast unmöglich. Dennoch startet unerbittlich ein neuer, ganz ähnlicher Tag.

Ständige Selbstüberlastung ist häufig das Resultat falscher Glaubenssätze. Das Beratungsteam von projekt-dialog, das sich damit beschäftigt, wie Einzelpersonen und Teams in Wirtschaft und Sport ihre Ziele erreichen können, berichtet, dass es häufig die Topperformer sind, die sich eine Haltung angeeignet haben, die zwar kurzfristig erfolgreich, aber langfristig ressourcenfressend ist. Pausen sind peinlich, arbeiten bis zur totalen Erschöpfung ist akzeptiert. Ausruhen kann ich mich später.

Häufig sind diese irrationalen Mussannahmen oder falschen Glaubenssätze tief verankert und haben ihren Ursprung in einer frühen Selbstprogrammierung.

Nur wer hohe Ansprüche an sich stellt und ihnen gerecht wird, hat danach eine Lebensberechtigung. Die besonders Leistungsfähigen werden so zu Geschädigten ihrer eigenen Vorstellungen. Wir treffen häufig auf Klienten, die zwar bemerken, dass ihre Leistungsfähigkeit immer weiter abnimmt, aber versuchen, diesen Verlust mit noch mehr Leistung und einer engeren Taktung zu kompensieren. Zwanghaft quälen sich diese Kandidaten in ihrer Freizeit zu Sport im Maximalbereich und malträtieren sich auch dort in einem selbstverordneten Korsett aus äußerst eng gestrickten Terminen.

Was hilft?

Ein integrativer Ansatz aus medizinisch-therapeutischer Behandlung und Executive Coaching. Die Spitzenmanager klagen schließlich über diffuse Symptomenkomplexe und Beschwerden wie Muskelverspannungen, Magen-Darm Probleme, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Libido-Verlust und Minderung der Leistungsfähigkeit. Und sie gehen vielleicht irgendwann zum Hausarzt. Ärzte haben aber oft nur die Möglichkeit, nach den körperlichen Ursachen der Leiden ihrer Patienten zu suchen. So kommen die Erschöpften häufig mit einem Medikament gegen eines der Hauptsymptome zurück. Ihr Allgemeinzustand bessert sich aber trotz der Medikation nicht wirklich. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass eine Identifizierung und Auflösung der falschen Glaubenssätze oder inneren Mussannahmen den Betroffenen langfristig helfen kann. Wir setzen auf einen ganzheitlichen Ansatz, der therapeutische Maßnahmen aus verschiedenen Disziplinen wie Sportwissenschaft, Medizin, Psychologie und Psychosomatik, die üblicherweise getrennt zum Einsatz kommen, zusammenführt. Kombiniert werden diese – und das ist neu – mit einem Executive Coaching, welches die Umsetzung der Verhaltensänderung begleitet. Der Coach kann die Arbeitsbedingungen einschätzen und mit den Klienten konkrete Möglichkeiten erarbeiteten, zukünftige Belastungssituationen effizient selbst zu managen. Während wir gemeinsam mit dem Klienten den (Berufs-) Alltag nach den Möglichkeiten und Chancen zur Verhaltensveränderung durchforsten und diese dann gemeinsam mit ihm trainieren, suchen wir ebenso im Gespräch aber auch am Körper der Klienten nach Verspannungen, Störrungen und Irritationen und lösen diese mit Hilfe von manueller Therapie, Hypnotherapie und Entspannungstechniken auf. Denn seelisches Leid kann der Gesundheit schaden und der Körper steuert umgekehrt Reaktionen und Gefühle. Störungen haben maßgeblichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit (siehe Abb.).

Erst wenn belastende Fehlprogrammierungen aufgelöst sind, kann Regeneration erfolgen – Reflexion ist der Schlüssel. „In der Nacht werde ich vier – bis fünfmal wach, ich schwitze stark, in Magen und Darm rumort es herum und in Kopf und Nacken spüre ich die Verspannung. Außerdem habe ich Bluthochdruck, manchmal Schwindel und oft das Gefühl, dass mir im Geschäft die gesamte Energie aus dem Körper gesaugt wird. Ich kann kaum noch konzentriert zuhören, wenn mir ein Mitarbeiter ein Anliegen schildert. Oft ist mir die Situation meiner Kollegen inzwischen egal. Ich bin noch müde, wenn ich schon wieder auf dem Weg ins Büro bin. Gleichzeitig ist in mir eine dauernde innere Unruhe, die kaum zum Aushalten ist.“ So schilderte z. B. ein Klient seine Situation. Zuvor in einer ersten Phase hatten wir in einem umfänglichen eintägigen Check die Bedingungen und Bedürfnisse des Klienten umfänglich erfasst, eine Vorabanamnese erstellt und einen Behandlungskontrakt mit ihm vereinbart. Jetzt in der zweiten Phase nehmen wir uns zwei bis drei Tage Zeit, um herauszufinden, welche Haltung und welche möglicherweise belastenden Erlebnisse dem Klienten oder der Klientin im Weg stehen. Es handelt sich um eine intensive Inspektion des inneren Systems des Patienten auf der Suche nach falschen Glaubenssätzen. 

Je mehr diese Zusammenhänge und die damit verbundenen Reaktionen dann vom Klienten verstanden werden, desto entschiedener kann sich der Klient von fatalen falschen Selbstprogrammierungen verabschieden und gewinnt die Freiheit zurück, seinen Berufsalltag aktiv zu gestalten. Nach der Intervention erhält der Klient einen Plan, der eine genaue Anleitung für Verhalten, Ernährung, Bewegung und Faszientraining (Massage, Selbstmassage mit Schaumrolle bzw. Blackroll) und – ganz wichtig – integrierte Regeneration enthält. Wie im professionellen Hochleistungssport sind hier Belastungs- und Regenerationsphasen genau und intelligent abgestimmt. Und es kommen unterstützende Systeme zum Einsatz wie z. B. frequenzmodulierte Musik (Schallpause), die positive Wirkung auf Schlaf, Konzentrationsfähigkeit und Leistungssteigerung hat. In Phase drei beginnt die 6-wöchige Stabilisierungs- und Aufbauphase in enger Begleitung durch den Coach. Der Coachee bewältigt in dieser Zeit seinen normalen, aber modifizierten Arbeitsalltag und hat die Möglichkeit, Vorschläge zur Verhaltensänderung direkt zu erproben und zu trainieren. Nach einem weiteren Check beim Mediziner schließt sich die 4 – 6 wöchige Integrations- und Leistungsphase an. Jetzt werden die Veränderungen zur Normalität. Auch hier steht der Executive-Coach den Betreffenden zur Seite.

Zurück zur früheren Leistungskraft unter Real-life-Bedingungen 

Personaler loben das Konzept, weil es nicht auf einen Zusammenbruch wartet, sondern funktioniert, wenn erste Anzeichen sichtbar werden. Und weil der Klient sich nicht in die abgeschlossene Welt einer Klinik zurückzieht, sondern das Erlernte direkt im Arbeitsalltag step by step umzusetzen lernt. 

Markus Bauer ist Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Ärztlicher Osteopath DO (DAAO)

Jürgen Boss, Executive Coach, geschäftsführender Gesellschafter der projekt-dialog gmbh