Irgendwie fühlen wir uns schlapp, sind aber nicht krank. Eigentlich läuft es im Job gerade gut, aber Topleistungen zu erbringen, fällt trotzdem schwer. Meist ist es schwierig, zu bestimmen, welche Faktoren gerade unseren Gesundheits- und Leistungszustand beeinflussen. Sind es schlechter Schlaf, zu häufige Feierabendbiere oder die wenige Bewegung?
Aus dem Wunsch heraus, das Wohlbefinden und die Performance zu steigern, melden wir uns im Fitnessstudio an oder probieren eine neue Trenddiät aus. So richtig wirkt aber beides nicht. Und das ist nicht verwunderlich. Denn solche zufällig gewählten Maßnahmen sind vergleichbar mit dem Navigieren eines Schiffes ohne Ziel und Kompass. Wir folgen damit einem Trial and Error-Prinzip. Das ist meist ineffizient und frustrierend. Denn es fehlen Daten, mit denen wir die Wirkung unserer Maßnahmen messen können. Was noch wichtiger ist: Ohne eine systemische Betrachtung bringen auch einzelne Werte wie Ruhepuls, Gewicht oder Herzratenvariabilität und daraus abgeleitete Maßnahmen – seien es Sport, eine Diät oder Entspannungstraining – nicht den gewünschten Erfolg.
Ein innovatives Modell ermöglicht es, den aktuellen körperlichen und geistigen Gesamtzustand mit Hilfe bestimmter Parameter zu messen und mittels eines Werts darzustellen. Das sogenannte Readiness-Modell lässt auf diese Weise zu, basierend auf Daten sinnvolle Entscheidungen für die eigene Gesundheit und optimale Leistungsfähigkeit zu treffen. Was Readiness genau umfasst, wie sie gemessen wird und was wir tun können, um unsere Readiness zu steigern, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.
Was ist Readiness?
Unser Körper ist ein tensegrales System. Das bedeutet, dass alles – vom Bewegungsapparat, über einzelne Organe bis hin zur mentalen Verfassung – miteinander verbunden ist. Weil alles vernetzt ist, können 99 Prozent unserer Bausteine in Ordnung sein. Ist aber auch nur ein Prozent im Ungleichgewicht, kann das ganze System kollabieren oder zumindest ins Dysbalance geraten mit spürbaren Folgen für unser Wohlbefinden bis hin zu Leistungsabfall und Erkrankungen. Weil unser Körper und unsere Psyche auf komplexe Weise interagieren, müssen wir sie auch gemeinsam betrachten. Nur so gelingt es, Vernetzungen aufzudecken und gezielt an Schwachstellen zu arbeiten. Die einzelne Betrachtung von Faktoren wie Schlaf oder Ernährung sagen zu wenig aus, um wirksame Strategien für mehr Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit zu entwickeln.
Aus diesem Grund arbeiten wir bei projekt-dialog mit dem Readiness-Modell. Der Begriff und das dahinterliegende Konzept stammen aus den USA, wo es seit einigen Jahren erfolgreich angewandt wird. Readiness kann auf den aktuellen Gesundheits- und Leistungszustand eines Menschen hinweisen und mißt sowohl physische als auch psychische Indikatoren und gewichtet sie individuell. Damit kann der Readiness-Wert ein aktueller Indikator für die Leistungsfähigkeit eines Menschen darstellen. Gezielt lassen sich mit Hilfe dieses Wertes Felder identifizieren, die einer Optimierung bedürfen, um so einen besseren Gesamtzustand herzustellen. Readiness wird im Spitzensport bereits seit längerer Zeit eingesetzt. Mit Hilfe des Readiness-Wertes steuern Trainer und Sportler die optimale Trainings- und Wettkampfbelastung.
Das neuartige Readiness-Modell ist damit ein komplett systemischer Ansatz, welcher der Komplexität der einzelnen Faktoren gerecht wird. Denn ein zunehmend sinkender Readiness-Wert kann wie ein Frühwarnsystem wirken, um beispielsweise einem Burnout vorzubeugen. Wiederum korreliert ein hoher Wert häufig mit einer hohen Belastbarkeit und kann vor besonders herausfordernden Phasen im Beruf oder Privaten angestrebt werden. Im Deutschen kommt der Begriff “Bereitschaft” der Readiness am nächsten.
Der Wochenverlauf des Readiness-Wertes
Wie wird Readiness gemessen?
Die Readiness wird anhand verschiedener aktueller Belastungs- und Erholungsparameter ermittelt. Diese können unter anderem die Anzahl der Stunden, die man für Schlaf, Sport oder Regeneration pro Tag aufwendet, der Ruhepuls oder die Herzratenvariabilität sein. Ermittelt werden die Werte mit Hilfe von Selftracking-Apps und Tools wie Fitbit, Apple-Watch, Polaruhren, Garminuhren oder dem Oura-Ring. Ergänzt werden die Zahlen durch weitere Faktoren, die das Wohlbefinden widerspiegeln, und im persönlichen Gespräch ermittelt werden. Die einzelnen Daten werden dabei unterschiedlich und individuell gewichtet, um als Summe eine belastbarere Basis für gesundheitliche Entscheidungen zu liefern. Über Monate entsteht so ein greifbares Bild des Gesundheitszustandes, das konkrete und wirksame Maßnahmen ermöglichen kann. Deren Wirkung bzw. Fortschritt wird dann wiederum über die Readiness gemessen, dokumentiert und erneut angepasst. Eine hohe Readiness zeigt, dass Körper und Geist bereit sind, viel Leistung zu erbringen. Ein niedriger, dass gerade Regeneration wichtig wäre.
Diese Faktoren haben Einfluß auf unsere Readiness:
Unterschiedliche physische und psychische sowie äußere und innere Faktoren nehmen Einfluss auf die Readiness. Zudem variiert die Gewichtung der Faktoren von Menschen zu Menschen. Für jemanden, der es gewohnt ist, mit nur vier Stunden Schlaf und sechzig Arbeitsstunden pro Woche zurecht zu kommen, kann der Readiness-Faktor bereits steigen, sobald dieser seine Schlafzeit um eine Stunde erhöht und die Arbeitszeit um fünf reduziert. Für einen anderen, der seit Jahren auf ausreichend Schlafhygiene achtet, können ganz andere Parameter Aussagen über dessen Gesundheitszustand geben. Gesundheit ist damit etwas Hochindividuelles, dem das Readiness-Modell gerecht wird.
Readiness Parameter
- Bewegung (Aktivität)
- Schlafqualität und -dauer
- Ernährung
- Tabak- und Alkoholkonsum
- Medikamente
- Stressfaktoren (Beruf, Familie)
- Regeneration (Meditation, Entspannung)
- Mindset (innere Haltungen, Glaubenssätze)
- so wie viele weitere, teils individuelle Faktoren
Wie steigert man die Readiness in der Praxis ?
Zunächst analysieren Arzt und Coach biperspektivisch, also jeweils auf Basis ihres beruflichen Wissensschatzes, gemeinsam mit dem Coachee individuelle physische und vor allem psychische Parameter. Gemeinsam arbeiten sie heraus, welche Faktoren den größten Impact haben. An diesen kann dann gezielt und kontinuierlich gearbeitet werden, um die Readiness nachhaltig zu erhöhen. Besonders das Zusammenspiel und die (multi-faktorielle) Interaktion der psychischen mit den physischen Faktoren (Psychosomatik) stellt sich aus unserer Erfahrung als ein entscheidender Stellhebel zur positiven Beeinflussung der Readiness dar.
Wichtig ist, dass modifizierte Verhaltensweisen in den Alltag integriert werden, um nachhaltig zu wirken. Damit das gelingt, begleitet ein Coach intensiv. Er hilft auch dabei, die Readiness regelmäßig zu evaluieren und aus den Daten gegebenenfalls weitere Anpassungen im Lebensstil vorzunehmen. Ziel ist dabei, den Menschen dazu zu befähigen, Eigenverantwortung zu übernehmen und positiv sowie präventiv auf die eigene Gesundheit zu wirken – und zwar auf Basis von Gesundheitsfakten und mit klaren Zielen. Nur so kann das Schiff aus Körper und Geist auch in stürmischen Zeiten einen Hafen sicher erreichen.
Sie möchten mehr erfahren?
Bleiben Sie auf dem Laufenden zu ganzheitlicher Gesundheit und Leistungssteigerung. In den kommenden Beiträgen informieren wir Sie ausführlich zu den einzelnen Faktoren, die Einfluss auf Ihre Readiness nehmen und zeigen Ihnen konkret, wie Sie diese positiv beeinflussen können.
Wir werden in den weiteren Folgen dieser Reihe zum Thema „Readiness“ auf die Readiness-Parameter gezielt eingehen.
Im nächsten Beitrag werden wir die Bedeutung und den Einfluß von Bewegung auf den Leistungserhalt näher unter die Lupe nehmen.